Von Bianca Strub, 02/2023, Rheinfelden
Bevor ich mich für die Weiterbildung NLP Practitioner entschied, widmete ich mich bereits im Vorfeld der Literatur. So kam es, dass ich ein paar Monate vor Schulbeginn das Buch Praxisbuch NLP von Ronald Schweppe und Aljoscha Long las. Da ich dies im Sommerurlaub locker am Strand unter einer Palme studierte, empfand ich es als nicht sinnvoll dieses Buch als meine offizielle Buchbeschreibung zu nutzen. Ich wollte aber dennoch im Kontext «Lehrbuch» bleiben und so auch die monatlichen Module vertiefen und untermauern. Ich entschied mich also für das Buch NLP-Practitioner-Lehrbuch von Petra und Ralf Dannemeyer mit dem Zusatz des Vergleichs zum Praxisbuch NLP.
Rein äusserlich betrachtet, rief dieses Lehrbuch meine Aufmerksamkeit durch sein sehr vielseitiges und aufwendiges Inhaltsverzeichnis. Da waren auch Themen enthalten, die in der Weiterbildung etwas stiefmütterlich behandelt werden.
Allen voran die grosszügige Einführung in die Geschichte des NLPs. Hier beginnt auch das erste Kapitel und für mich, die gerne immer weiss, warum etwas ist wie es ist, die Einladung mich sofort auf das Buch einzulassen. Es folgt zu Beginn eine Zeitreise durch die Entwicklungsgeschichte des NLPs, Hintergrund (bis zurück in die Antike), Wandel, aber auch kritische Stimmen aus unterschiedlichen Sichtweisen. Besonders das hat mir sehr gut gefallen. Im Gespräch mit meinen Mitmenschen, die selbst oft keine Erfahrung mit NLP haben, fällt schnell einmal das Wort «Manipulation». Mir hilft es in der Erklärung und Argumentation, wenn die Schattenseiten bzw. die Gefahren oder auch Vorurteile dieser Techniken erläutert werden und mir als angehender NLPler bekannt sind. Es ist wie mit allen Theorien (ich habe soziale Arbeit studiert), man nimmt für sich die Autoren/Theorien heraus, die am ehesten den eigenen Werten und Moralvorstellungen entsprechen und schlussendlich das Menschenbild unterstütz, dass einen selbst trägt.
Im nächsten Kapitel werden die Grundannahmen vorgestellt mit einem Schwenker in Richtung Neurobiologie. Hier konnte ich mit den Erläuterungen absolut in Resonanz gehen. NLP ist also nicht nur eine Technik/Methode, nein, die Veränderung ist nachweislich im Gehirn sichtbar. Das ist natürlich ein tolles Argument, wenn es darum geht Mitmenschen von NLP zu überzeugen. Wobei «Überzeugen» wohl der falsche Ausdruck ist. NLP ist der Werkzeugkasten, der schnell und effektiv eine Veränderung herbeiführen kann, sofern diese Veränderung gewünscht ist. Also ein freiwilliges Angebot, dass ich mittlerweile sehr oft anbiete in meinem Umfeld.
Die darauffolgenden Kapitel führen durch die NLP-Welt, wobei diese im Grundsatz immer ähnlich aufgebaut sind. Meist beginnt das neue Thema mit einer Einführung, Theorie und wird durch Fallbeispiele abgerundet. Nebst dessen sind immer Übungen für die eigene Umsetzung vorhanden. Da hat es ehrlich gesagt oft bei mir etwas gehakt. Wenn ich mal Zeit hatte das Buch zu lesen, wollte ich selten bei den Übungen aufhören und diese umsetzen. Zumal diese konkreten Anleitungen oft nur in Paar- bzw. Gruppenkontexten möglich sind. Nebst dessen ist das Buch nicht wie die Weiterbildung aufgebaut. Sprich, manchmal ist mir beim Lesen eines Kapitels ein völlig neues Thema aufgekommen, welches ich nicht verankern konnte, da es in der Weiterbildung noch nicht bearbeitet wurde. Umgekehrt aber hat es mir enorm geholfen, eine zuvor gelernte Methode später im Buch zu entdecken und diese mit anderen Beispielen verknüpfen zu können.
Als Einführung für NLP-Neulinge liefert das Buch wertvolle Inhalte, welche durch das Zusatzmaterial auf der Webseite noch ergänzt und vertieft werden. Aber ohne jeglichen NLP-Hintergrund, ohne schulische Begleitung, ohne den Wunsch wirklich NLP begreifen und dieses anzuwenden zu wollen, überfordert es einen schnell. Da würde ich wohl als Einstieg das Praxisbuch NLP von Schweppe und Long empfehlen. Allein schon, weil die Seiten nicht vollgepackt sind mit Text, die Übungen gut auch alleine durchführbar sind und auf schwer zu verstehende Theorie verzichtet wird. Wer es dann aber genauer wissen will, eine gute Begleitung durch die Weiterbildung benötigt und gerne in die Umsetzung geht, hat hier ein gutes Gesamtwerk.
Theorie / Praxistransfer
Ich arbeite in der Vermögensverwaltung und bin insofern selten in der Situation andere coachen zu müssen. Aber im Laufe der Weiterbildung hat sich dieser Wunsch bei mir bemerkbar gemacht und, mit dem sich füllenden Werkzeugkasten an Methoden aus dem NLP, beobachte ich auch bei mir eine veränderte Sicht auf mich selbst (Landkarte) und auf andere.
Wie bereits erwähnt hat mir dieses Buch vor allem durch die grosszügige geschichtliche Einführung in das NLP geholfen auch aktiv in Diskussionen mit Freunden und Bekannten zu gehen. Besonders die Vorannahme, dass jeder in positiver Absicht handelt, hat einige sehr spannende Meinungen zu Tage gebracht. Im Buch dann auch die passenden Beispiele zu finden und diese wiederzugeben, hat auch mein Verständnis intensiviert. Vielleicht ist es grundsätzlich dieser ethische Rahmen im Buch, der von der Wertschätzung gegenüber anderen Menschen geprägt ist, der auch bei mir ein «lockeres» Akzeptieren hervorgerufen hat. Ich achte mich jetzt bewusst auf all das, was die Kommunikation noch begleitet, als dem Impuls nachzugeben innerlich vorschnell auf den Inhalt reagieren zu wollen. Erst vor kurzem durfte ich eine sehr bereichernde Erfahrung machen in dem ich bewusst in die Schuhe eines anderen geschlüpft bin, um dessen Sicht erforschen zu können. Mein Bekannter war sehr nervös, was sich in der schnellen Sprache aber vor allem auch in der angespannten Körperhaltung widerspiegelte. Durch den Rapport und das daraus resultierende Führen habe ich mein Gegenüber merklich beruhigt, ohne dass ich dafür viel Worte benutzen musste, ich habe hauptsächlich durch meinen Körper «Entspannung» signalisiert. Der Rapport bildet gleich nach den Grundannahmen des NLPs im Buch eine wichtige Basis und hat für mich nochmals dessen Bedeutung für alle weiteren Handlungen untermauert.
Im privaten, familiären Kontext habe ich mir das Reframing sehr zu Herzen genommen. Im Buch er erscheint es als eines der letzteren Kapitel. Umso prägnanter ist das einführende Beispiel. Kurz zusammengefasst, zeigt es auf, dass durch den Bedeutungs- oder Perspektivenwechsel eine Änderung im Erleben bewirkt wird, was Fehler und Schwächen in Leistungen und Fähigkeiten umdeutet. Im Umgang mit meinen Kindern hat es auch mich sensibilisiert nicht gleich jedes störende Verhalten als negativ zu bewerten, sondern als das was es ist: ein Verhalten in einem unpassenden Kontext. Meine Kinder dort abzuholen, wo sie stehen, mit all ihren Anteilen und diese auch so verorten zu können (kleiner Wink zu Gestaltungsebene à nicht Identitätsebene) macht das Miteinander harmonischer. Leider wird dieser Teil im Buch eher kurz abgehandelt.
Fazit
Das Buch ist für mich die perfekte Weiterführung für Fast-Neulinge und gleichzeitig ein solides Nachschlagewerk für Fortgeschrittene.
Nichtsdestotrotz müssen die Angebote an Übungen, vertiefende Informationen auf der Webseite sowie Reflexionsanregungen auch genutzt werden, damit das Buch ausgeschöpft ist.
Warum ich das Buch nicht nochmals lese? Ich lese selten ein Buch zweimal. In diesem Fall habe ich mich dazu entschieden, ein weiteres NLP Practitioner Lehrbuch zu lesen, welches durch einen Podcast begleitet wird. Dadurch schaffe ich mir nicht nur die Möglichkeit eine andere Sichtweise/Vorstellung von NLP kennenzulernen, sondern kann auch eins meiner anderen Repräsentationssysteme (hier Auditiv) nutzen.