Schon bei der Einführung trifft man auf NLP: Mit einer Geschichte über die Welterkundungstour einer Schildkröte, auf der sie sich mit einer Kuh unterhält und danach zu Hause seinem Schildkrötenfreund darüber berichtet. Mit dieser Metapher wird sehr unterhaltsam, amüsant und wunderbar bildlich dargestellt, wie jeder Mensch die Welt anders wahrnimmt und so viele verschiedene Weltmodelle und -ansichten existieren. Leider haben es die Autoren versäumt, dies gleich mit der NLP-Grundannahme „Die Landkarte ist nicht die Landschaft“ zu verbinden.
Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil ist der Theorieteil „Kulturwissenschaften & NLP“. Die NLP-Modelle sind übersichtlich beschrieben und werden jeweils sinnvoll mit Kultur vorgestellt. Obwohl mit Graphiken und Tabellen gearbeitet wird, wirkt es für den Leser monoton, da viel NLP-Theorie erklärt wird. Gute Auflockerungen sind jedoch die einfach verständlichen Beispiele, die auch einen grossen Beitrag zum Verständnis leisten. Ausserdem wird jeweils immer auf die entsprechende Übung im dritten Teil, dem Praxisteil, verwiesen.
Der zweite Teil, der die Brücke zwischen dem ersten und dritten Teil schlägt, ist dem „Interkulturellen Lernen & Training“ gewidmet. Obwohl dabei leider wenig Bezug auf NLP genommen wird, sind die wichtigsten Lehr- und Lernmethoden (affektives Lernen, inhaltsfrei, prozessbezogen) erklärt. Meiner Ansicht nach hätten die Autoren in diesem Punkt von der NLP-Seite her mehr vorstellen könne, wie z.B. Anker, Ressourcenarbeit, vakog.
Beim dritten Teil des Buches handelt es sich um die Anwendung von NLP im Zusammenhang mit Kulturwissenschaften, in dem zu jeder vorgängig dargestellten Theorie eine Übung aufgezeigt wird. Diese werden in einfacher, klar verständlicher Sprache beschrieben und übersichtlich dargestellt mit Angaben über das Ziel, den Typ, die Trainingsform und das Lernziel, den benötigten Erfahrungsstand der Teilnehmer, das NLP-Know-how, die Dauer sowie dem benötigten Material jeder einzelnen Übung. Obwohl die Übungen ohne Kenntnis der Theorie im Buch durchgeführt werden können, wird im Praxisteil leider jeweils nicht auf die entsprechende Theorie des ersten Teils verwiesen.
Insgesamt ist das Buch gestalterisch wenig übersichtlich sowie mühsam zu lesen, da immer wieder zwischen Theorie- und Praxisteil hin und her geblättert werden muss.
Am Ende der Lektüre dieses Buches, war ich mir nicht sicher, ob dieses Buch nun für die Wissenschaft geschrieben wurde oder für jedermann, der sich irgendwie mit Kulturen auseinandersetzt – sei es auf einer Reise in ein fremdes Land, sei es aus Interesse für einen bestimmten indigenen Stamm, etc. Ebenfalls unsicher war ich mir, ob es für NLP-Kenner oder nicht geschrieben wurde. Diese Unsicherheit kam auf, weil der Theorieteil sehr wissenschaftlich und komplex verfasst wurde und der Praxisteil für jedermann übersichtlich und klar beschrieben ist, obwohl für ein paar Übungen NLP-Know-how vorausgesetzt wird. Es gibt den Anschein, dass der Theorie- und der Praxisteil nicht von derselben Autorin geschrieben wurde.
Dieses Buch gibt für NLP- und gleichzeitig wissenschaftsorientierten Lesern einen lehrreichen Einblick in die Kulturwissenschaften aus NLP-Sicht. Für die Personen, die weder NLP noch wissenschaftlich orientiert sind, ist es komplex und in meinen Augen zu wenig übersichtlich, insbesondere dass der Theorieteil physisch vom Praxisteil abgekoppelt ist und ständig hin und her geblättert werden muss. Für reine NLP-ler mit Kulturinteresse gibt dieses Buch einen einfachen Zugang zu den Kulturwissenschaften, obwohl die etwas langen NLP-Theorieabhandlungen monoton wirken können.
---Christine von Rütte Pfister