Es liegen zwei Buchbesprechungen vor:
Buchbesprechung von Andrea Jost
Eigentlich habe ich dieses Buch einfach für mich selber gekauft. Einerseits, hoffte ich darin eine Erklärung zu finden, warum ich lieber lernte als andere und andererseits, um Ideen zu sammeln, wie ich den Lernstoff an Auszubildende so weitergeben kann, damit auch sie erfolgreich sind. Und wie ich bei ihnen den Spass und die Neugier an der Materie wecken kann. Auch bei unseren Kindern stellte ich bereits fest, dass sie beide sehr unterschiedlich lernen. Die Ältere will unbedingt Neues lernen und lernt so lange bis sie es kann. Die Jüngere hingegen, lernt nur, wenn sie will und es für sie sinnvoll ist. Sie gibt schnell auf, wenn ihr etwas nicht auf Anhieb gelingt und will es dann gar nicht mehr lernen. Darum erhoffte ich mir also auch Ideen, wie ich die Kinder in ihrer eigenen Entwicklung optimal unterstützen kann. Als ich das Buch gelesen hatte, war ich überrascht und begeistert zugleich. Ich konnte so viel über mich und meinen Lernerfolg dazu lernen und erkannte, wie ich auch im Privaten unsere Kinder oder andere Menschen bei ihrem Lernerfolg unterstützen kann. Es war faszinierend zu sehen, mit welcher Leichtigkeit die Autorin Iris Komarek NLP in ihrem Buch einbringt.
Iris Komarek beginnt das Buch damit, den Lernerfolg mit einer Metapher zu beschreiben. Sie schreibt, dass der Lernerfolg ein grosses Puzzle sei, das aus 9 Teilen bestehe und nennt es das Lernerfolgspuzzle. Aus dem Zusammenspiel dieser 9 Puzzleteile resultiert ihres Erachtens der Lernerfolg.
Die 9 Teile sind:
Selbsteinschätzung, Gehirn, Konzentration, Lernorganisation, Motivation, Lernstrategien, Ressourcenaufbau, Prüfungskompetenz, Selbstverantwortung und Unterstützung.
Jedes Puzzleteil beschreibt sie in einem eigenen Kapitel und startet mit der Selbsteinschätzung:
Das Formulieren seines Ziels ist erst der zweite Schritt für den Lernerfolg. Um dies festzulegen, braucht es aber in einem ersten Schritt eine gute Selbsteinschätzung. Das, was ich bereits kann, ist der IST-Zustand und das Ziel, was ich können möchte, ist somit der SOLL-Zustand. Iris Komarek beschreibt die Kriterien der Wohlgeformtheit für Ziele
Ein wohlgeformtes Ziel beinhaltet folgende Punkte: Wie, wo und mit wem das Ziel erreicht werden will (Kontext), das eigene Ziel (Zielbesitz), positiv formuliert (das Gehirn kann nur positive Formulierungen umsetzten), mental erlebt (visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch und gustatorisch und sinnlich konkret), dass das Ziel ökologisch sein sollte (was gewinne ich und was muss ich dafür aufgeben sind ausgewogen) und dass es überprüfbar ist, also woran ich und auch andere erkennen, dass ich das Ziel erreicht habe.
Um diesem Graben zwischen dem IST- und dem SOLL-Zustand zu überwinden, sich zu verbessern und weiterzuentwickeln, brauchen wir für uns geeignete Massnahmen. In der Ausbildung oder Schule, ist meist klar definiert, welcher Stoff gelernt werden muss oder was ich können muss, um die Prüfung zu bestehen oder den Abschluss zu erreichen. Das Ziel ist grundsätzlich klar, schwierig wird es erst, wenn ich herausfinden möchte, wie ich das Ziel erfolgreich erreichen kann. Je nachdem, welche Erkenntnisse ich aus der Selbsteinschätzung und dem Ziel gewonnen habe, kann ich geeignete Massnahmen dafür festlegen. In den darauffolgenden Kapiteln gibt Iris Komarek Tipps für mögliche Massnahmen innerhalb der einzelnen Puzzleteile. Darum habe ich, als Leserin, auch die Möglichkeit nur einzelne Kapitel zu lesen und so das für mich Wichtige und Geeignete heraussuchen und ausprobieren.
Nach dem ich dieses Buch durchgelesen habe, merkte ich, wie viele dieser Tipps ich für meinen Lernerfolg bereits nutze. Meine bisher unbewusste Strategie wurde mir klar. Zwei der Puzzleteile bewegten mich besonders und möchte ich deshalb etwas genauer erläutern:
Das Puzzleteil Lernstrategien
In diesem Kapitel hatte ich die Möglichkeit einen Kurz-Lerntyp-Test zu machen. Das Ergebnis war, dass ich der auditive Lerntyp bin. Mich faszinierte, dass Iris Komarek im Anschluss an den Test darauf hinwies, möglichst multisensorisch (also auch in den anderen Sinneskanälen) zu lernen. Wenn ich den Lernstoff nicht nur auditiv lerne, sondern ihn in Kombination mit dem visuellen und kinästhetischen Sinneskanal verinnerliche, kann ich einen grösseren und auch nachhaltigeren Lerneffekt erzeugen. Den Tipp der internen Visualisierungstechnik fand ich sehr hilfreich. Wenn ich mir also den Lernstoff als Film oder als Geschichte merken kann oder Inhalte mit Orten oder Dingen verknüpfe, kann ich ihn noch effektiver abrufen. So verstand ich dann auch, warum mir das Dynamic Learning zu Beginn der NLP-Ausbildung ungewohnt fremd war und ich aber nach einiger Zeit feststellte, wie effektiv es ist, obwohl ich nicht wusste warum.
Ich hatte Mühe damit, eine Intervention vor der auditiven Erklärung des Dozenten anhand einer Demonstration zu lernen und schrieb mir alles akribisch auf, damit ich nichts verpasse. Denn ich wusste ja vorher nicht, was die Essenz der Intervention war. Ich war der Auffassung, dass ich mir den Ablauf rein durchs Vorzeigen und Nachahmen nicht wirklich merken und so auch nicht effektiv lernen könne. Heute weiss ich, dass es doch und noch viel besser funktioniert. Die Annahme der Herausforderung, multisensorisch zu lernen, also zuerst sehen (visuell), anschliessend ausprobieren (kinästhetisch) und erst zum Schluss effektives durchlesen, mir einen viel nachhaltigeren und umfangreicheren Lerneffekt bietet. Es ist für mich nicht mehr bloss eine Kopfsache und ich muss keine Angst haben, dass ich irgendetwas im Kopf vergesse, wenn ich nicht genau nach Schema X vorgehe. Denn weil der Stoff auch in den anderen Sinneskanälen verinnerlicht ist, kann ich mich auf das «Bauchgefühl» verlassen und zwischen Gehirn, Herz und Bauch entspannt und beliebig wechseln und so die «richtige Lösung» finden.
Das Puzzleteil Selbstverantwortung und Unterstützung
Dieses Kapitel war für mich das Tüpfelchen auf dem «i». Warum war meine Lernstrategie bisher so erfolgreich? Denn bereits während der obligatorischen Schulzeit hatte ich niemanden, mit dem ich den Schulstoff lernen konnte und musste mir alles selber beibringen. Nachdem ich dieses Kapitel gelesen habe, erkannte ich, dass ich doch immer jemanden hatte, der mir beim Lernen half: Meine Mutter: «Du schaffst das! » sagte sie und fragte: «Was möchtest du erreichen & was brauchst du dafür? Was macht dir Spass? Wo ist dein innerer Schweinehund & wie kannst du ihn überwinden? »
Egal welche Ziele ich mir setzte, ob Tierärztin, Ärztin, Mediator oder Servicefachangestellte, stets unterstütze sie mich dabei, dass ich meinen Traum verwirklichen kann. Und gab mir einen Schupf, wenn ich mal nicht mehr so motiviert war.
Ich bin dankbar, dass mir das durch das Lesen dieses Buches bewusst wurde, denn nun kann ich auch unsere Kinder besser unterstützen. Für unsere jüngere Tochter nehme ich mir zu Herzen, dass ich sie unterstützen kann, indem ich sie loslasse und sie so selbstständiger werden kann. Ich erkannte, dass ich dies nicht im Grossen, sondern in kleinen, alltäglichen Situationen ermöglichen kann (z.B. die Wäsche selber in den Schrank einräumen oder sie selber das «Znüni» einpacken lasse). Wir als Eltern können sie unterstützen, indem wir ihr einen Rahmen bieten und können Tipps und Wahlmöglichkeiten geben und sie innerhalb dieses Rahmens, selber die Entscheidungen treffen lassen. Also «weg von der Fremdbestimmung, hin zu Selbstbestimmung».
Den Tipp: «Eltern können positiv kommunizieren» fand ich für unsere ältere Tochter sehr wertvoll. Wie oft habe ich bereits gesagt: «Sei nicht nervös, das kommt schon gut», anstatt zu sagen: «Ruhig bleiben, du schaffst das! ». Schön sich das gehirngerechte Formulieren auch in diesem Kontext wieder bewusst vorzunehmen!
Abschliessend kann ich sagen, dass meine Erwartungen an dieses Buch mehr als erfüllt wurden und ich mich deshalb entschied, in der Buchreflektion das für mich Wichtige auch noch schriftlich festzuhalten.
Buchbesprechung von Simone Schranz
Warum ich das Buch gekauft habe
Als visueller Typ ist mir zuerst der gelbe Einband mit der fröhlich lächelnden Figur ins Auge gestochen. Der Titel „Ich lern einfach!“ machte mich neugierig, da das Lernen und Lehren in meinem Beruf als Musikerin und Musiklehrerin zum Alltag gehört. Und wenn das Ganze einfach sein soll - gerne!
Beim Durchblättern überzeugten mich die übersichtliche Struktur, die anschaulichen Beispiele aus der Praxis der Autorin sowie die ausdrucksstarken Zeichnungen.
Der Aufbau
Die Autorin gliedert das breite Feld der Lerntechniken in neun Puzzleteile: Selbsteinschätzung, Gehirn und Lernen, Konzentration, Lernorganisation, Motivation, Ressourcenaufbau, Prüfungskompetenz, sowie Selbstverantwortung und Unterstützung. Das Buch versteht sich als „Blumenstrauss“ an Möglichkeiten, das eigene Lernen zu optimieren. Ich gehe im Folgenden auf ein paar einzelne „Blumen“ ein, die ich in meiner Arbeit bereits direkt umsetzen konnte.
Aus dem Inhalt
Puzzleteil Selbsteinschätzung
Der erste Puzzleteil widmet sich der Selbstwahrnehmung und Zielfindung. Besonders inspiriert hat mich eine Strategie namens Launometer. Mittels eines Papierstreifens, der in 10 Teile unterteilt wird, können die unterschiedlichsten Fähigkeiten eingestuft werden.
Für meinen Kontrabass-Unterricht habe ich den Launometer in einen Bassometer verwandelt. Meine Schüler können mittels farbigen Büroklammern, die für je einen Aspekt des Musizierens stehen, ihren eigenen Lernerfolg selber einschätzen und mitverfolgen.
Die Fokussierung auf einen einzelnen Aspekt bringt oft schon eine wahrnehmbare Verbesserung, ohne dass ich als Lehrerin aktiv bin. Die Büroklammern in Richtung 10 bewegen zu dürfen ist eine zusätzliche Motivation für Kinder und Erwachsene. Sie können ihren Lernerfolg visualisieren!
Puzzleteil Gehirn und Lernen
Der Mensch lernt am besten, wenn ihm genügend Sauerstoff, Pausen, Bewegung und gute Laune zur Verfügung stehen. Seit ich dieses Kapitel gelesen habe, öffne ich das Fenster im Unterrichtszimmer so oft wie möglich, halte für mich und die Schüler eine Wasserflasche bereit und lege öfters kurze Pausen ein. Ich habe auch festgestellt, dass ich mit meiner gute Laune im Sinne des „Leadings“ die Schüler anstecken kann.
Puzzleteil Konzentration
Hier wird unter anderem beschrieben, wie sich der Lernende selber einen kinästhetischen Selbstanker installieren und abfeuern kann. Dieses Werkzeug wird für die Konzentration, die Motivation und die Ruhe vor der Prüfung empfohlen.
Puzzleteil Motivation
Meine Lieblingsübung im Motivations-Kapitel ist die Verhandlung mit dem inneren Schweinehund. Der Leser wird angeleitet, seinen Motivationskiller dissoziiert zu betrachten und nach seinen positiven Absichten zu befragen. Danach macht der Persönlichkeitsteil, der lernen will dem Schweinehund ähnlich einem Verhandlungsreframing verschiedene konkrete Angebote, wie die positive Absicht auch noch erreicht werden könnte. Es wird so lange verhandelt, bis der Schweinehund einverstanden ist.
Fazit
Die Lektüre hat mich für meinen Unterricht sehr inspiriert. Hinter vielen der vorgeschlagenen Übungen konnte ich NLP Vorannahmen oder sogar ganze Interventionen erkennen.
Das Buch ist sehr praxisnah und leicht verständlich formuliert. Ein Glossar für das reichlich verwendete NLP-Vokabular würde die Verständlichkeit nochmals erhöhen. Zwischendurch hätte man ein konkretes Übungsblatt zum Hineinschreiben (zum Beispiel einen fertigen Launometer) einfügen können. Andererseits ist diese Lücke ein Anstoss zum Selbermachen! Ich habe das Buch bereits mehreren Berufskollegen weiterempfohlen.