Erfahrungsberichte
Rubrik: Coaching, Supervision, MediationSelbstentfaltung, Selbstmanagement
Auf dem Weg zum absoluten Musikgehör
von Werner A. Roshardt, Zurzach (CH)
Wer hat nicht schon von ihnen gehört, den Musikern mit dem absoluten Musikgehör. Es sind die zweifellos seltenen Menschen, die die Fähigkeit haben, einen Ton allein mit dem Gehör (also ohne Notenbild) einzuordnen. Wenn man ein "C" spielt oder singt, dann hören sie gleich, dass es ein "C" ist, und wenn man ein "D" statt ein "C" spielt, dann sagen sie auch, dass der Ton (leider) falsch ist.
Auch mich hat es fasziniert, dass es eine solche Fähigkeit gibt, und ich habe auch schon am Klavier ausprobiert, ob ich allenfalls ein absolutes Musikgehör habe. Ich musste feststellen, ich habe es nicht.
Eines schönen Abends ruft mich meine Klavierlehrerin an (übrigens: sie hat ein absolutes Musikgehör) und fragt mich, ob ich für ein Experiment bereit wäre. Sie habe erkannt, wie man ein absolutes Musikgehör installieren könne. Sie erklärte mir auch kurz, welche mentalen Strukturen bei den Menschen mit dem absoluten Musikgehör vorhanden seien und was folglich zu fördern sei, um die Fähigkeit zu entwickeln. Als angehender NLP-Master war mir klar, da ist NLP drin. Und wo NLP drin ist, da kann man Fähigkeiten transferieren. Ich sagte ohne Zögern zu.
Seit Mai dieses Jahres sind nun meine Klavierstunden mit Gehörbildung angereichert und ich bin auf dem Weg zum absoluten Musikgehör. Der Weg ist wie eine geführte Klettertour auf eine lange von unten bestaunte Bergspitze. Nur schon der Gedanke, ein solch kühnes Ziel anzustreben, hat etwas Kribbelndes an sich. Es schwingt aber auch der gelegentliche Zweifel mit, das Ziel eventuell doch nicht erreichen zu können, weil es zu hoch gesteckt sein könnte.
Sicher wird es Euch interessieren, wie nun ein absolutes Musikgehör mit NLP installiert werden kann. Welche Techniken werden eingesetzt? Ich werde ein paar Puzzleteile präsentieren können aber sicher keinen abgeschlossenen Prozess. Zum einen bin ich der Erfahrende und nicht der Programmierende und zum anderen ist das Ganze noch keineswegs abgeschlossen.
Grundsätzlich geht es darum, eine vollständige Repräsentation der Erfahrung in sich zu verankern. Als "Erfahrung" wird das Hören eines Tons (oder eines Akkordes) verstanden. Das Wort "vollständig" bezieht sich auf die Berücksichtigung von mehreren Wahrnehmungssystemen: Visuell, auditiv und kinästhetisch. Beim Ankern sind (erwartungsgemäss) Submodalitäten involviert.
Ein Beispiel: Ich höre mir einen Es-Dur Akkord an und schreibe die visuellen Submodalitäten nieder, die sich in mir bilden: "Wolle", "weich", "eher hell", "Farbe beige". Ferner versuche ich das Gefühl im Körper zu erspüren, das sich beim Hören einstellt: Ein leichtes Heben der Brust, eine konzentrierte Stärke im Bereich des Brustbeins. Der Es-Moll Akkord ist zwar immer noch wie "Wolle", erscheint dagegen "dichter", wie "Abendlicht (Dämmerung)" und eher "braun". Das Gefühl in der Brust wird breiter und flacher.
Interessant war auch der Einstieg in den ganzen Prozess. Bevor wir nämlich an das Hören gegangen sind, hat meine Klavierlehrerin mein Zahlensystem getestet. Sie hat schrittweise geprüft ob ich die Zahlen 1 bis 100'000 so einordnen kann, dass ich auf jede beliebige Zahl "direkt" visuell Zugang habe. Wichtig ist es ihrer Ansicht nach, ein beliebig skalierbares, visuelles System zum Einordnen von Elementen (Zahlen, Töne etc.) zu haben. Das System sollte dabei nicht eindimensional sondern dreidimensional sein (d.h. sich in die Breite, Höhe und Tiefe erstrecken).
Die Farben spielen übrigens insgesamt eine wichtige Rolle. Wir haben zum Beispiel jedem der sieben Töne der C-Dur Tonleiter eine passende, d.h. charakteristische Farbe zugeordnet. Beim Ankern empfahl mir meine Lehrerin, zur Verstärkung in die Farbe hinein zu gehen (z.B. auf sie zu stehen und sie auf eine grössere Fläche auszudehnen).
Ich habe festgestellt, dass doch einiges zu tun ist, bis das absolute Musikgehör funktioniert. Und ohne Üben geht es auch hier nicht. Ich freue mich aber am Prozess und bin gespannt auf die kommenden Erfahrungen.