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Resilienz: Auf Strategiensuche
Auf der Suche nach Resilienzfaktoren bei hoch resilienten Menschen
Photo by Franck V. on Unsplash
Zahlreiche Untersuchungen zu Resilienz
In unserer Arbeit konnten wir darlegen, dass in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Untersuchungen zu psychischer Widerstandsfähigkeit im Gesundheitssektor durchgeführt wurden. Häufig erhoben solche Studien die psychische Widerstandsfähigkeit in der Form von Resilienz oder Kohärenzgefühl. In Bezug auf Mitarbeitende von Rettungsdiensten dominieren allerdings bis heute pathologisch ausgerichtete Studien.
Pathologisch ausgerichtete Studien dominieren
Aus den wenigen quantitativen Studien, welche Resilienz oder Kohärenzgefühl bei Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitätern (RS) untersuchten, ist eine Tendenz dahingehend auszumachen, dass RS über signifikant höhere Ausprägungen auf den beiden Skalen verfügen als Allgemeinbevölkerungen. Unklar ist jedoch, ob die hohen Werte aus der Auseinandersetzung mit den spezifischen beruflichen Herausforderungen resultieren oder ob sie nicht etwa darauf zurückzuführen sind, dass generell eher Menschen mit einer hohen psychischen Widerstandsfähigkeit diesen Beruf ergreifen.
Oft nimmt Resilienz im Alter zu...
Unsere Arbeit fokussierte auf mögliche Zusammenhänge von bestimmten soziodemografischen Daten mit der psychischen Widerstandsfähigkeit des Rettungspersonals. Werden bevölkerungsrepräsentative Stichproben als Referenzwerte zugezogen, zeigt sich die psychische Widerstandsfähigkeit fast durchgehend geschlechts- und altersabhängig. So werden in der Allgemeinbevölkerung für die Männer konsistent höhere Resilienz- und Kohärenzgefühlwerte berichtet als für Frauen. Zudem – allerdings mit meist schwachen Effekten – lässt sich eine Tendenz dahingehend ausmachen, dass sich die psychische Widerstandsfähigkeit mit zunehmendem Lebensalter verändert. Meistens wird von einer Steigerung der Werte mit fortschreitendem Alter berichtet.
Höhere Selbstführungskompetenz (Chart: NLPA)
...nicht so bei den Rettungsdiensten.
Anders bei den Einsatzkräften von Schweizer Rettungsdiensten: Unsere Untersuchung fand durchschnittlich sehr hohe Werte, sowohl für das Kohärenzgefühl als auch für die Resilienz. Insofern darf gesagt werden, dass der Grossteil der RS sehr widerstandsfähig ist, was vermutlich der erfolgreichen Berufsausübung sehr zugute kommt. Interessanterweise liessen sich weder Alters- noch Geschlechterunterschiede, noch Unterschiede hinsichtlich der Berufserfahrung feststellen.
Diese Resultate sind insofern bemerkenswert, weil sie bedeuten, dass die hier untersuchten Frauen, vor dem Hintergrund der Ergebnisse aus bevölkerungsrepräsentativen Studien, über vergleichsweise sehr hohe Werte von psychischer Widerstandsfähigkeit verfügen. Offen bleibt die Frage, welche Strategien Rettungssanitäterinnen dazu verhelfen, solch hohe Werte zu erzielen.
Mehr Resilienz dank mehr Erfahrung?
Entgegen der verbreiteten Annahme, weist die Untersuchung des Schweizer Rettungspersonals eher daraufhin, dass die Auseinandersetzung mit beruflich bedingten Herausforderungen – also schwierigen oder belastenden Einsatzsituationen – keine Veränderung der Resilienz oder des Kohärenzgefühls nach sich zieht. Schon RS in der Ausbildung verfügen über vergleichbare Werte wie ihre älteren und erfahreneren Kolleginnen und -kollegen. Bei einer Untersuchung von australischen Paramedics konnte hingegen eine Tendenz zur Zunahme der Resilienz abhängig von Alter sowie Berufserfahrung ausgemacht werden.
Bezüglich der Frage, ob die Ausprägung von Resilienz und/oder Kohärenzgefühl im Zusammenhang mit der beruflichen Erfahrung stehen könnte, ist die Befundlage noch dürftig. Aufgrund zahlreicher Forschungsergebnisse ist sich die Fachwelt heute einig darüber, dass es sich bei RS um eine Berufsgruppe handelt, die gegenüber berufsbedingten Belastungen besonders gefährdet ist. Als wichtige Ergänzung wird die vertiefte Untersuchung von Faktoren zum Erhalt der Gesundheit von Einsatzkräften gefordert. Neben Aspekten von Gesundheit wird in verschiedenen Studien die Lebenszufriedenheit als Indikator für das subjektive Wohlbefinden untersucht.
Weitere Schutzfaktoren gesucht...
Parallel zur wissenschaftlichen Sicht generiert sich ein Forschungsbedarf auch aus der Praxis: Mit der Sensibilisierung auf potentielle Belastungsfolgen wächst innerhalb des rettungsdienstlichen Umfeldes das Interesse an möglichen Schutzfaktoren. Wissenschaftliche Forschung wird in der Schweiz von Leitungspersonen aus Rettungsdiensten sowie von den Verbänden des Rettungswesens begrüsst und unterstützt.
Kontaktieren Sie die Autorin, falls Sie näheres Interesse an der diesem Artikel zugrundeliegenden Arbeit haben.
Stichworte
Stress | Resilienz | BlaulichtVera Cajoos
MSc Psychologin mit Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie, tätig für die Stiftung Krisenintervention Schweiz als Notfallpsychologin sowie als Beraterin und Dozentin. Weiterbildungen zur Fachberaterin Psychotraumatologie und Traumapädagogik, NLP Trainerin. Früher als Einsatzkraft für einen Rettungsdienst tätig. Liebt die Natur, Bergspitzen und Yoga.
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