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Rahmenbedingungen für Dynamic Learning
Wissen ist nicht Können - Lehren ist nicht Lernen
Etwas tun, was man noch nicht kann
Wie die meisten Menschen meiner Generation kannte ich aus meiner eigenen Schulzeit mehrheitlich die deduktiven Lernmodelle. Frontalunterricht war zu meiner Primarschulzeit noch die gängige Unterrichtsmethode. In der Mittelschule kann ich mich an vereinzelte Gruppenarbeiten erinnern, doch auch hier dominierten die altbekannten didaktischen Methoden. Neue Lernmodelle, die sehr wohl schon bekannt waren, hatten in meiner Schulzeit noch wenig Eingang gefunden in den Unterrichtsalltag.
An der Uni wurde von uns Studierenden dann plötzlich das eigenständige Erarbeiten von Wissen verlangt. Dies stellte für viele eine sehr hohe Anforderung dar, was denn auch zu einigen Studienabbrüchen führte. Die Inputs der Professoren jedoch waren im Gegensatz zum Selbststudium mit ganz wenigen Ausnahmen deduktiv. Dozieren „ex catedra“ war meistens angesagt.
Erst in meiner NLP-Weiterbildung bin ich zum ersten Mal wirklich zu induktivem Lernen angeleitet und begleitet worden. Was zu Beginn für mich sehr ungewohnt war („Hhmm, jetzt sollen wir das einfach machen, ja wie denn…??“), machte bald schon unheimlich viel Spass. Zudem konnte ich bei mir selbst erleben, wie nachhaltig das auf diese Art und Weise Erlernte haften bleibt. Auch heute noch kann ich viele Übungen aus meiner Weiterbildung zum NLP-Practitioner mit Hilfe von wenigen Gedankenstützen hervorholen.
Emotionale Erfahrungen bleiben haften
Lange war mir gar nicht bewusst, was denn nun eigentlich konkret anders war. Erst im Trainertraining wurde ich mit dem theoretischen Hintergrund vertraut gemacht. Kurz zusammengefasst basiert das Lernen mit „Dynamic Learning“ auf eigenem Erfahren und Erleben. Die wesentlichen Erkenntnisse erfährt der Lernende, indem er seine bisher vorhandenen Fähigkeiten mit neuen Erfahrungen erweitert. Wichtig dabei ist, dass dieses Lernen zusammen mit anderen Gruppenmitgliedern vor sich geht. Weil dabei die vorhandenen Fähigkeiten aller präsent sind, entsteht ein grösseres Lernfeld, von dem alle Beteiligten profitieren können. Voraussetzung für das Gelingen des Lernens ist, dass die Beteiligten sich aktiv in die Lernprozesse einbringen. Alle sind gefordert, die persönlichen Lerngewinne jedes einzelnen Teilnehmenden bestmöglich zu unterstützen.
Da dadurch bei jedem Gruppenmitglied ein individueller Lernprozess angestossen wird, kann auch sichergestellt werden, dass das Lernen auch nach dem Ende der Lektion weitergeht. Als Trainerin kann ich dies zusätzlich unterstützen, indem ich den Teilnehmenden entsprechende Aufgaben mitgebe. Spätere Erfahrungen im Alltag, die mit dem Gelernten im Zusammenhang stehen, werden so als weitere Übungsmöglichkeiten erkannt und genutzt.
Lernspass
Wie oben angedeutet, ist Lernen mit „Dynamic Learning“ mit viel Freude verbunden. Zwei Faktoren führen meiner Ansicht nach dazu.
Erstens wird mit dieser Art, sich Wissen anzueignen ein urmenschliches Bedürfnis befriedigt: die Neugierde. Indem die Teilnehmenden zum eigenen Ausprobieren animiert werden, wird in ihnen der Entdeckergeist geweckt, der in der heutigen Arbeits- und auch Freizeitwelt viel zu selten gefordert ist.
Meistens wird uns Vorgekautes präsentiert. Etwa in der gängigen Wissensvermittlung, wo vorwiegend fertige Erkenntnisse aufgetischt werden. Aber auch im Alltag wird von uns zivilisierten Menschen erwartet, dass wir akzeptieren, was uns vorgesetzt wird. Meinungen zu Politik und Umwelt etwa, die uns von der Presse mundgerecht serviert werden.
Neugierde wird so zu einer Eigenschaft, die allenfalls Kindern zugebilligt wird, aber auch hier nur in einem Mass, welches die restliche Gesellschaft nicht stört. Neugierde als Wert wird verniedlicht und als für Erwachsene nicht schicklich erachtet. Dass es sich dabei dennoch um ein ureigenes Bedürfnis handelt, ist in Schulungen mit Erwachsenen gut spürbar.
Die Stimmung im Seminarraum ist nie so fröhlich wie dann, wenn die Teilnehmenden ihre Neugierde ausleben dürfen und selbst, auf lustvolle Art und Weise, ein Thema erfahren können. Da die damit gemachten Lernerfahrungen mit Emotionen verknüpft sind, verwundert nun auch nicht mehr, warum die oben erwähnte Nachhaltigkeit bei sagenhaften neunzig Prozent liegen kann. Denn aus der aktuellen Hirnforschung ist bekannt, dass Emotionen jeglicher Art als eine Art Wissensträger funktionieren.
Fehlerkultur
Der zweite Faktor liegt in der, sich aus dieser natürlichen Neugierde ableitender Fehlerkultur.
Unsere westliche Kultur ist geprägt von einem verhängnisvollen Tabu: dem Fehler. Nichts schlimmeres, als einen Fehler zu begehen. Nur etwas kann dies noch toppen: dabei ertappt zu werden! Fehlerlosigkeit dagegen wird als höchstes Gut hingestellt. Wer von sich sagen kann: „Mir unterlaufen keine Fehler.“ steht in dieser Kultur auf höchster Stufe.
Flipchart aus Seminar
Nun wissen die meisten, dass Fehler machen menschlich ist und zum Entwickeln neuer Ideen absolut dazu gehören. Da jedoch viele Menschen über keinen adäquaten Umgang mit diesem Tabu verfügen, können allenthalben die spannendsten Strategien, zuerst in der Vermeidung und später in der Vertuschung von Fehlern beobachtet werden.
Dynamic Learning hat den Vorteil, dass es quasi beiläufig die Erlaubnis zum Fehler machen erteilt. Indem ich etwas selber erfahren muss, weiss ich (und auch alle anderen Beteiligten) im Moment nicht, was richtig oder falsch ist. Die Kategorien richtig/falsch stehen also im konkreten Fall gar nicht zur Diskussion. Wenn ich gar nicht wissen kann, welches das so genannt richtige Vorgehen ist, kann das von mir gewählte im schlimmsten Fall 'nicht optimal' sein. Wenn ich als Seminarleiterin die Teilnehmenden zum Ausprobieren animiere, bekommen sie folglich die Erlaubnis, ein nicht optimales, „fehlerhaftes“ Vorgehen als Lernchance zu erkennen und daran zu wachsen.
Auch kleine Lernschritte können dadurch als Erfolg gewertet werden. Die positive Energie, die so entsteht, zeigt sich im Seminarraum in der entspannten Atmosphäre und im engagierten Lernen. Dies wiederum animiert zu weiteren Lernerfahrungen, auch ausserhalb des geschützten Rahmens. Die positive Spirale des neugierigen und freudigen Lernens etabliert sich.
Funktioniert Dynamic Learning immer?
„Dynamic Learning“ ist für mich ein überaus positives und überzeugendes didaktisches Konzept. Dennoch möchte ich die Herausforderungen nicht verschweigen. Es sind zum einen rein äusserliche Faktoren, zum anderen betreffen sie die Teilnehmenden.
In einem nach den Grundsätzen des „Dynamic Learning“ durchgeführten Seminar sollte viel Zeit für Gruppenübungen einberechnet und die dafür benötigten räumlichen Verhältnisse bereitgestellt werden so, dass auch bei der Arbeit in verschiedenen Gruppengrössen genügend Möglichkeiten vorhanden sind, sich auszubreiten. Es ist frappant zu beobachten, wie räumliche Enge Lernende auch geistig einengt.
Das Erarbeiten des Lerninhalts in unterschiedlichen Gruppen will zudem von der Seminarleitung gut vorbereitet sein. Klare Arbeitsanweisungen in sich ergänzenden Sinnessystemen mit sinnvoller Sequenzierung, optimieren die Lerneffizienz.
Intrinsische Motivation
Die grösste Klippe für erfolgreiches Arbeiten mit „Dynamic Learning“ liegt allerdings bei den Teilnehmenden. Von entscheidender Bedeutung ist die Bereitschaft jedes einzelnen, sich auf ein (für die meisten) neues Lernmodell einzulassen. Wenn die Teilnahme nicht freiwillig ist, die Leute also zum Beispiel von ihren Arbeitgebern zu dieser Weiterbildung verpflichtet wurden, wird es schwierig. Nicht, dass bei einem deduktiven Unterrichtsstil der Erfolg unter solchen Umständen grösser wäre. Die Verweigerung des Teilnehmenden wird im deduktiven Lehren für Seminarleitung und Gruppe nur weniger sichtbar und ist dadurch meistens weniger störend.
Zusammenfassend kann ich feststellen: Dynamic Learning bringt Teilnehmer-Aktivierung, grösseren, schnelleren und individuellen Lernerfolg, Spass und Freude am Lernen, bessere Umsetzung des Gelernten im Alltag (Alltagstransfer). Dynamic Learning braucht zum Gelingen Zeit- und Platz, wie auch die Bereitschaft der Teilnehmenden sich einzulassen, sich persönlich einzubringen, aktiv mitzutun (intrinsische Motivation).
Stichworte
Lehren und Lernen | Dynamic LearningSabine Bräuer
lic. phil. I; Studium in italienischer Sprachwissenschaft und Literatur, europäischer Volksliteratur und Philosophie an der Universität Zürich; NLP Akademie Schweiz: Practitioner – Coach/Master – Trainerin IANLP; wingwave®-Coach; Hypno-Coach NLPA; Ausbildnerin mit eidg. Fachausweis; "Meine Arbeit als Coach besteht einerseits in der Einzelbegleitung von Menschen und andererseits in der Durchführung von Schulungen und Seminaren. Neben meiner Tätigkeit als Coach bin ich in verschiedenen Projekten involviert und engagiere mich in Publizistik, Marketing und Körperarbeit.
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