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Paradoxe Interventionen und systemische Denkweise
Systemdenken oder systemisches Denken betrachtet die Beziehungen und Interaktionen einer Gruppe von Menschen untereinander. Die sich aus diesen Betrachtungen ergebenden Modelle, Erkenntnisse und Denkweisen lassen sich auch auf eine der ursprünglichen Betrachtung übergeordnete Ebene (Makro) wie z.B. der Beziehung von Systemen untereinander (z.B. unterschiedliche Bevölkerungsgruppen) wie auch auf das Verständnis einzelner Systemelemente (untergeordnete Ebene, Mikro) also auf ein Individuum selbst, anwenden. Ein allgemein bekanntes Beispiel dafür ist das Rollenmodell von Schultz von Thun in dem die Persönlichkeit/Psyche eines Menschen als System basierend auf Eigenschaftsanteilen (Fähigkeiten, Werte, Rollen) beschrieben wird (Teilearbeit, Parts Party).
Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun vor seinem Modell des Inneren Teams
Systemisches Denken stellt immer die Frage nach dem „Wie?“ der Position und der Interaktion. Wie stehen diese Elemente zueinander und wie agieren sie mit- und untereinander? In der systemischen Supervision wird versucht, das System zu einer Entwicklung in Richtung eines erwünschten, systemoptimierenden Zielzustandes zu unterstützen. Jedes System strebt nach Homöostase und erzeugt dabei sich selbsterhaltende Rahmen, innerhalb denen wahrnehmbare Produkte entstehen. Diese bringen das System und seine Einzelteile weiter, können es aber auch in seiner Entwicklung behindern oder gar seinen Fortbestand gefährden.
Denn Systeme interagieren natürlich nicht nur innerhalb des Systems, sondern auch als Ganzes mit all den anderen Systemen, von denen sie umgeben sind. Sie haben sich demnach in diesem „Pool der Systeme“ zu bewähren. So kann es geschehen, dass ein System durchaus in seiner eigenen Logik funktioniert jedoch im grösseren Ganzen nicht überleben kann. Sowohl in der Völker- wie auch der Wirtschaftsgeschichte lassen sich zahlreiche Beispiele dafür finden. Aktuell wird beispielsweise die Frage diskutiert, wie gut es Nokia gelingen wird, mit den Entwicklungen des iPhone-Zeitalters Schritt zu halten? Oder für wie lange kann sich ein Land wie Nordkorea noch die selbstzerstörerische Isolation leisten?
Erkennt ein System nicht, dass ein Systemprodukt (Symptom) negativ od. problematisch auf anderen Systeme und damit auch auf das System selber (negative Rückkoppelung) wirkt, kann evt. mit einer paradoxen Intervention eine Selbsterkenntnis des Systems erreicht werden. Dabei wird dem „pathologischen“ System sein eigenes Symptom verschrieben, was zu einer Übertreibung führt. Damit soll erreicht werden, dass das System über seine Grenzen hinaus strapaziert wird und die beteiligten Einzelteile somit auf eine veränderte Weise zu interagieren beginnen. Die Homöostase ist nicht mehr gewährleistet, das System wird irritiert und beginnt sich selbst zu heilen.
Etwas tun, was das System über seine Grenzen hinaus strapaziert.
Das könnte am Beispiel von Nokia vielleicht heissen, allen MitarbeiterInnen vorzuschreiben, ausschliesslich mit Nokiageräten zu kommunizieren. Oder im Falle von Nordkorea, dass die Bevölkerung ihre Regierung genauso „isolieren“ müsste, in dem sie über z.B. Massenstreiks Produktion und öffentliches Leben lahm legt. Beide Beispiele zeigen, dass systemische Interventionen nicht immer von allen Beteiligten als angenehm empfunden werden. Besonders im Beispiel von Nordkorea wären die Folgen wahrscheinlich sogar verheerend, jedoch könnte auch da das System nicht länger stabil bleiben und würde sich neu zu ordnen beginnen.
Systemische Interventionen beabsichtigen also, einzelne Systemelemente (Einzelpersonen und/oder Gruppen) zum Neudenken und idealtypisch zur Kreation neuer Möglichkeiten für die Interaktion mit anderen Elementen innerhalb und ausserhalb des Systems zu animieren. Das Streben zur systemeigenen Homöostase bringt somit eine Veränderung in Gang.
Literaturhinweis:
- Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun, www.schulz-von-thun.de
- Virgina Satir, Parts Party Modell, wikipedia.org/wiki/Virginia_Satir
Stichworte
Virgina Satir | Systemisches Denken | Supervision | Schulz von Thun | KonstruktivismusRichard Müller-Völki
Schulleiter, NLP Trainer IANLP, Ausbilder eidg. FA,
Supervision, Einzel- und Teamcoach, Lerncoaching, Wingwave Coaching
Mein Motto "Die Dinge klären und die Menschen stärken (H.v.Henting)" übt sich kraftvoll auf mein Wirken und Leben aus. Es fordert und nährt mich.
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