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NLP und systemische Arbeit.
Jede NLP-Methode ist auch ein systemischer Baukasten
James Braid ca. 1795-1860, „still Sitzen, Zuhören und Ja sagen…“
Veränderungsarbeit war in unserer Kultur lange einen ziemlich direktiver Vorgang, tief in der Fremdbestimmung verankert. Meistens war die Arbeit gehüllt in mysteriöse Abläufe, basierend auf gängigen Glaubenssätzen und Überzeugungen von bösen und liebenswürdigen Geistern, dem Teufel, magnetischen Kräften, der Omnipotenz des jeweiligen Heilers usw.
Von systemischem Denken war man oft weit entfernt. Ein Mensch war eine Einheit, ein Stück. Symptome wurden isoliert betrachtet als etwas Schlechtes was einem zugestossen war. Das „entweder oder“ Denken war Allgemeingut. Zu einem Problem gab es eine Lösung, und die wurde einem meistens von aussen, von Anderen auferlegt.
Auch die Anatomie z.B. zerlegte den menschlichen Körper in einzelne Teile, die bekanntlich alle irgendwie zusammenarbeiten. Das öffnete ein Fenster (wenn auch verzögert) zum „Teile–Denken“ bezüglich dem menschlichen Geist.
In der Wirklichkeit aber bringen Veränderungen auf einer Ebene auch Veränderungen auf anderen Ebenen mit sich. Virgina Satir, Milton Erickson und andere Vordenker machten bspw. einen Unterschied zwischen menschlichem Verhalten und Absicht. Damit war Systemdenken unvermeidbar.
Im Systemdenken steht nämlich die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Teilen im Vordergrund. Darunter ist zu verstehen, dass die Elemente eines Systems nicht isoliert voneinander existieren, sondern dass ihr Verhalten sich gegenseitig in der Weise beeinflusst, dass eine Veränderung an einem Punkt eine Veränderung an einem anderen Punkt nach sich zieht. M.a.W. wir sind ein lebendiges System.
Diese veränderte Sicht hat auch die Veränderungsarbeit nachhaltig beeinflusst. Vom Modell der „entweder oder“ Bestimmung, wurden die Türen geöffnet für „sowohl als auch“ Mitdenken. Ein Problem hatte jetzt mehre mögliche Lösungen, und die beste ist diejenige, welche am ökologischsten ist. Die, die für das gesamte System passt. Die Mitglieder der sogn. „Palo Alto-Schule“, aus der NLP viel seines gedanklichen Erbgutes hat, waren tief in diesem Systemdenken verankert.
Im NLP kennen wir z.B. das Modell der Gestaltungsebenen welches von Robert Dilts basierend auf der Arbeit von Gregory Bateson, einem Mitglied dieser Schule, entwickelt wurde. Darin werden die verschiedene Aspekte eines Menschen: Umgebung, Verhalten. Fähigkeiten, Werte/ Glaubenssätze, Identitäten/Rollen und Sinn/Zugehörigkeit einzeln beleuchtet. Eine Veränderung von einem Aspekt, bringt oftmals automatisch eine Veränderung anderer Aspekte mit sich. Ein systemischer Effekt also. Eine Erkenntnis die tief in der NLP Arbeit verankert ist.
Jede Methode des NLP ist auch ein systemischer Baukasten. Als Beispiel: Ein Klient steht zu einem gewissen Problem, seinem Ziel und den vorhandenen Ressourcen in einem gewissen Verhältnis. Wenn der Klient sein Ziel verändert, beeinflusst das automatisch auch wie er sich zum Problem verhält, welche Ressourcen zum Einsatz kommen, wie er vorgehen wird usw. (Es ist spannend, dass mal für sich mit einem Thema nach Wahl auszutesten.)
Systemische Arbeit und Aufstellungen
Die Systemdynamik ist gerade in Familien offensichtlich und sorgt fast täglich für Gesprächsstoff. Leute wie Virginia Satir, Milton Erickson und Don Jackson (alle direkt oder indirekt mit der Palo Alto Schule verbunden) haben die Eckpfeiler für die systemische Arbeit mit Familien gesetzt. NLP reflektiert diesen Einfluss beispielsweise in der Re-Imprinting Arbeit auf der Timeline.
Seit einigen Jahren ist der Ausdruck „systemische Arbeit“ vor allem über Hellinger und das Familienstellen wieder ins Gespräch gekommen. In dieser Aufstellungsarbeit, die unter anderem von der Re-imprinting Methode abgeleitet ist, werden durch den Klienten Menschen ausgewählt. Diese kennen sich meistens mit dem Inhalt der Thematik kaum oder überhaupt nicht aus und gelten als Repräsentanten für die verschiedenen Aspekte des Systems und werden vom Klienten im Raum an von ihm gewählten Stellen platziert. (Dabei stellt der Klient übrigens auch immer einen Repräsentanten für sich selber auf.) Die Repräsentanten werden darauf vom Aufstellungsleiter befragt nach ihrem momentanen Befinden, Gedanken und der jeweiligen Beziehung zu den anderen aufgestellten Repräsentanten. Gestützt auf ihren Aussagen und Jungs Prinzip der Synchronizität sowie der des morphogenetischen Feldes von Rupert Sheldrake, die uns kurzgefasst sagen, dass wir alle vernetzt sind und es keine Zufälle gibt, wird jetzt das System durch den Aufstellungsleiter in Richtung positiver Veränderung begleitet. Ziel ist es also auch, etwas was festgefahren ist wieder in Fluss zu bringen. Die so entstandenen Veränderungen, bilden jetzt für den Klienten einen neuen Eindruck (Imprint), diesen kann er/sie dann in sich aufnehmen und übertragen lassen.
Ein Merkmal eines gesunden Systems ist, dass es ständig in Bewegung ist, und dass jeder Teil des Systems sich in seinem Wert erkannt fühlt. Dadurch kann ein System nämlich über sich selber hinaus wachsen. Oder, so wie einige Teilnehmer am Gesamtworkshop vom Sommerseminar der NLP Akademie es so treffend benannt haben: „Das Ganze summt mehr als die einzelnen Teile.“.
Nebst Familien, werden heutzutage z.B. so auch erfolgreich Teile der Belegschaft von Organisationen und Firmen aufgestellt. Im einen Theater in München werden sogar die Rollen gewisser Theaterstücken aufgestellt, weil die Schauspieler so viel schneller einen Eindruck gewinnen über die Essenz der einzelnen Rollen.
Diese Art systemischer Arbeit ist meistens gerade dann besonders nützlich, wenn es um sogn. „Fremdgefühle“ geht, Einflüsse von aussen also, die man selber nicht richtig in den Griff bekommt. Gerade deswegen ist aber das Familienstellen auch kritisiert worden, weil es mit Fremdgefühlen arbeitet. Beispielsweise mit Mitgliedern einer Familie, die nicht anwesend sind oder sogar schon verstorben. Einen Aspekt der dem schamanistischen Prinzip sehr ähnelt. Dürfen wir das? Mischen wir uns da in die Privatsphäre anderer Leuten? Ist das noch ökologisch/ethisch? Sollten wir das nicht ruhen lassen?
Leider gibt es wie beim NLP auch in der systemischen Arbeit mit den Aufstellungen einen ziemlichen Wildwuchs an Anbieter, wodurch Qualität nicht immer gewährleistet ist. Auch in dieser Arbeit gibt es Vertreter die von der Selbstbestimmung - Ethik & Respekt in der Arbeit mit Menschen nicht so viel halten. Weiterhin hat auch diese Art von Arbeit, wie jede andere Art von Veränderungsarbeit, ihre Grenzen.
Aus NLP Sicht, ist unser Erleben das Resultat unserer eigenen subjektiven Wahrnehmung der Welt. M.a.W., die Leute die ich aufstelle, sind nicht diese Leute, sondern deren Repräsentationen die ich in meiner inneren Welt gespeichert habe. Das ist „Mein System“, auch die sog. Fremdgefühle gehören also im Grunde genommen dazu. Wenn das Resultat dieses Gesamtsystems nicht befriedigend ist, muss ich was daran ändern.
Elemente der systemischen Arbeit
Die systemische Arbeit bietet also Werkzeuge, um auch mit den Repräsentationen dieser Fremdgefühlen innerhalb meiner eigenen Welt zu arbeiten. Dadurch dass sich das System durch diese Arbeit verändert, ändert sich z.B. meine Einstellung zu der Problemthematik, und somit trete ich diesen Leuten im realen Leben anders gegenüber. Die nehmen das, bewusst oder unbewusst, auch wahr und reagieren daraufhin wieder anders……und schon sind wir wieder beim Thema Wechselwirkung. Oder, mit einem Beispiel: wenn ich verliebt bin, wirke ich ganz anders auf meine Umgebung, und sie wiederum auf mich. Wenn also eine Aufstellung bewirken könnte, dass ich mich z.B. wieder einwenig ins Leben „verlieben“ kann, dann……
Vernetzung ist eine Tatsache, wir sind verbunden. Spätestens seit TV und Internet, die Metaphern unserer Umwelt, die diese Realität zum Ausdruck bringen, kriegen wir das jeden Tag vor Augen geführt. Aus dem NLP wissen wir: Meine Einstellung zum Anderen, hat Auswirkung auf den Anderen. Ob Andere das jetzt wahrnehmen über meine Gestik, Mimik, sonstige nonverbale Anteile der Kommunikation oder noch weitere energetische Wege, sie nehmen es wahr, bewusst oder unbewusst, und handeln entsprechend.
Mit dissoziierter systemische Aufstellung den Businesskontext pacen
Der NLP Baukasten
Ganz deutlich wird dieses Bild der inneren Darstellung wenn wir z.B. NLP Methoden direkt aufstellen. Jetzt fällt nämlich auch der mögliche Einwand den man z.B. gegen das Aufstellen der Familienmitglieder oder Chefetage hat weg, weil wir direkt mit Teilen einer Methode arbeiten. Das NLP als Baukasten sozusagen.
Jemand stellt z.B. folgendes in einem Raum auf: 1) sich selbst (Klient), 2) sein Problem, 3) sein Ziel und 4) seine Ressourcen. Die verschiedenen Repräsentanten machen jetzt Aussagen über ihr momentanes Befinden, (also wie und was sie fühlen und wahrnehmen seit sie in dieser Rolle aufgestellt worden sind). Immer wieder erlebe ich, wenn ich diese Art von Aufstellungen leite, wie Teilnehmer als Repräsentanten etwas zum Ausdruck bringen, was für den Klienten nach eigener Aussage völlig zutreffend und einleuchtend ist. Dabei wissen diejenigen die aufgestellt worden sind ja meist gar nichts vom Inhalt der Thematik, (was für das gelingen dieser Art von Arbeit übrigens auch völlig Bedeutungslos ist). Anderseits bemerken die Teilnehmer oftmals, dass sie als Repräsentant in einer Stimmung oder Zustand geraten, der gerade das spiegelt, womit sie selber in ihrem Leben beschäftigt sind. Somit bietet die Aufstellung ganz oft Lösungen für viele Beteiligte, oft auch für eventuelle Zuschauer.
Ich habe schon einiges sehr Eindrückliches durch diese Arbeit erlebt. Z.B. beim Aufstellen von einem 6-Step Reframing: 1) Klient, 2) Problemverhalten 3)Verantwortlicher Teil, 4) Positive Absicht, 5) Kreativer Teil.
Die Person die als Repräsentant für den kreativen Teil aufgestellt worden war, war völlig zappelig, konnte kaum still halten, bis die Positive Absicht sich mitgeteilt hatte. M.a.W., die Tatsache, dass wir als Menschen lebendige Systeme sind, die vernetzt sind, kommt mittels dieser Arbeit eindeutig wieder ans Licht. Die Betroffenheit und Einsicht, die in dieser Arbeit stattfinden kann, lässt sich - so entdeckt man dann - mittels unserer bisherigen Erklärungen von Jungs und Sheldrakes Arbeit nicht ganz erklären…..es geschieht noch mehr.
Ein weiteres Beispiel: Als wir ein Verhandlungsreframing aufstellten, wobei es bekanntlich um Konflikte geht zwischen zwei inneren Teilen, wollten die Repräsentanten der beiden Teile einander weder anschauen, noch sonst etwas miteinander zu tun haben. Erst als die Repräsentanten der positive Absicht der beide Teile, die sich beide sehr klein und unbeachtet fühlten endlich zum Ausdruck brachten was sie sonst noch alles wahrnehmen konnten, gab es eine Entspannung, die zur Lösung führte. Dabei waren die Repräsentanten der beiden Teile im normalen Leben gut befreundet, und waren weder der Kunde noch andere Repräsentanten in dieser Aufstellung vertraut mit NLP oder systemischer Arbeit.
So könnte ich viele weitere Beispiele für verblüffende Effekte dieser Arbeit aufführen. NLP-Methoden die sich nebst den bisher erwähnten gut eignen zum Aufstellen sind stets die, wo Aufklärung, das Gewinnen zusätzlicher Informationen eine wichtige Rolle spielt. Also z.B. auch: S.C.O.R.E, nonverbale Zielbestimmung, New Behaviour Generator, Meta-Mirror, Reimprint auf der Timeline, Zukunft bereichern u.ä. Gerade bei solchen Strukturen, sieht man als NLP’ler wie verwandt diese Art von Arbeit zur traditionellen NLP-Arbeit ist.
Mittels der Aufstellungsarbeit können also:
- Neue systemische Imprints (Eindrücke die tief ins Bewusstsein sinken können) gewonnen werden.
- Einsicht in die Zusammenhänge einer Thematik sich vertiefen, wodurch unser Verständnis wächst.
- Bisherige verschleierte Hintergründe einer Thematik klar werden.
- Innere Prozesse externalisiert werden; sie werden nach aussen hin hörbar, sichtbar, spürbar und damit nachvollziehbar gemacht.
Stichworte
Wahrnehmung | Virgina Satir | Systemisches Denken | Milton Erickson | Gregory BatesonArpito Storms
NLP-Lehrtrainer, Organisationsentwickler, Kommunikationsexperte, Wingwave, SystemCoach und HypnoCoach Lehrtrainer. Arbeitet seit 30 Jahren professionell im Bereich zwischenmenschlicher Kommunikation. Begleitet Firmen in wirkungsvoller interner und externer Kommunikation (Management und Consultancy) und Einzelpersonen in Entwicklungsprozessen in deutscher, englischer und holländischer Sprache.
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