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Die 5 Axiome der Kommunikationstheorie von Paul Watzlawick
Eine Regel machte ihn weltberühmt. Die anderen sind auch ganz schön nützlich.
Paul Watzlawick (Quelle: www.br.de)
Die fünf Regeln der Kommunikation nach Paul Watzlawick formen ein Metamodell zur Kommunikation und bilden die wesentlichsten Aspekte kommunikativer Prozesse ab (Röhner/Schütz, 2016, S. 29ff). Diese sind in der Arbeit als Coach, Erwachsenenbildner oder auch in der beruflichen Kommunikation hilfreich indem sie aufzeigen, wie eng die Kommunikation mit Beziehung und Emotion miteinander verknüpft ist. Sie verdeutlichen so, dass wir in Wirklichkeit in einer selbst konstruierten Realität leben und ermöglichen uns mit diesem Prozessverständnis unsere Kommunikation positiv zu beeinflussen resp. bestimmen zu können.
Regel 1: Man kann nicht nicht kommunizieren.
Sobald sich zwei Personen gegenseitig wahrnehmen, kommunizieren diese miteinander. Auch dann, wenn sie gar nicht miteinander sprechen. Allein das Verhalten schon ist eine fortlaufende Information gegenüber dem Kommunikationspartner und beeinflusst die Wirkung einer Botschaft wesentlich. Ob gewollt oder ungewollt, wir interpretieren laufend das Verhalten der anderen Personen. Im Gegensatz zum Sender-Empfänger-Modell erfolgt dieses Modell kreisförmig in laufender wechselseitiger Beeinflussung (siehe dazu auch das Modell 'Wahrnehmung - Interpretation - Reaktion' der NLP Akademie Schweiz).
Flipchart NLP Akademie Schweiz
Praktisches Beispiel:
Eine Kursteilnehmerin äussert sich in einem Seminar zu einer von mir gemachten Aussage. Ich als Kursleiter zeige durch Blickkontakt, dass ich Interesse an ihrer Rückmeldung habe und ermuntere sie durch Nicken und kurzem "mhm" zum Weitersprechen.
Regel 2: Jede Kommunikation hat sowohl einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.
Jede Mitteilung, welche wir anderen Menschen gegenüber machen, hat einen Inhalt. Gleichzeitig beinhaltet die Mitteilung weitere Informationen, welche sich auf das Verhältnis, die Beziehung zum Kommunikationspartner beziehen.
Eisbergmodell NLP Akademie Schweiz
Praktisches Beispiel:
Ein Teilnehmer fragt mich während des Kurses, ob ich den geschilderten Prozess nun auch mit einem praktischen Beispiel verständlich machen könne? Bei dieser Frage geht es zum einen um den Inhalt und zum anderen schwingt auch ein Beziehungsaspekt mit. Der Kursteilnehmer traut mir offenbar zu, dass ich mit einem verständlichen und praktischen Beispiel das Prozessverständnis verstärken kann. Oder der Kursteilnehmer stellt mich auf die Probe, um herauszufinden, wie flexibel und vorbereitet ich als Kursleiter bin? Oder er testet, ob (s)ein individuelles Bedürfnis ernst genommen wird?
Dieses Beispiel zeigt, wie mein Hintergrund und das Verhältnis zwischen mir und dem Kursteilnehmer in der Bedeutungsgebung mitschwingen. Diese Interpretation der Frage wird stark vom Beziehungsaspekt geleitet. Je nachdem, wie ich als Kursleiter die Beziehung definiere, werde ich den Inhalt einordnen und entsprechend darauf reagieren. Der Beziehungsaspekt wird dadurch in der Kommunikation häufig (ge-)wichtiger als der Inhaltsaspekt.
Regel 3: Kommunikationsabläufe werden unterschiedlich strukturiert.
Jeder Partner setzt als Beginn eines bestimmten Kommunikationsablaufes einen selbst bestimmten Anfangspunkt (Interpunktion). Jede Kommunikation erhält so aus den unterschiedlichen Standpunkten eine individuell bestimmte Struktur. Bei Streitigkeiten kann dies bedeuten, dass jeder Partner seinen eigenen Ansatzpunkt setzt und dem anderen das "Angefangen zu haben" vorwirft.
Praktisches Beispiel:
Im Kurs spreche ich einen ruhigen und zurückhaltenden Teilnehmer an und frage ihn nach seiner Meinung. Der Kursteilnehmer denkt dabei, dass ich ihn lediglich überprüfen wolle und zieht sich zurück. Ich als Kursleiter erhalte keine Antwort und denke mir dabei, dass ich ihn später nochmals anspreche. Nach einiger Zeit versuche ich nochmals - wiederum ohne Erfolg - den Teilnehmenden anzusprechen. Der Teilnehmer zieht sich noch mehr zurück und entscheidet für sich, überhaupt nicht mehr mitzumachen.
Ich habe daraus gelernt, dass es in solchen Momenten sinnvoll ist, während der Pause eine zirkuläre Frage zu stellen wie z.B.: "A, was denkst du, was ich als Kursleiter denke, wenn du das und das machst?" A erhält dadurch das Angebot, seine Vermutung über die Motive von mir zu äussern. Das gibt mir die Gelegenheit, zu seinen Vermutungen Stellung zu nehmen. Allerdings gelingt dies nur, wenn die Beziehung (Rapport) einigermassen stabil ist. Sonst wird der Teilnehmer auch meine zirkuläre Frage negativ interpretieren.
Diese Regel weist darauf hin, dass tendenziell jeder der Kommunikationspartner jeweils das Verhalten des anderen im Focus hat und dieses dann zum Ausgangspunkt seiner eigenen Handlungsweisen macht.
Regel 4: Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten.
Die Unterscheidung digital / analog bezeichnet unterschiedliche Arten der Informationsverarbeitung. Die digitale Kommunikation erfolgt, wenn die Inhalte in Zeichen (Buchstaben, Zahlen) verschlüsselt sind, deren Bedeutung eindeutig ist. Die digitale Kommunikation ist somit meist der verbalen Kommunikation gleichzusetzen. Die Kommunikationspartner haben eine klare Regelung (Vereinbarung), wie die Zeichen entschlüsselt werden sollen.
Bei analoger Kommunikation werden die Informationen über Zeichen verschlüsselt, welche nur eine ungefähre, indirekte oder übertragene Darstellung erlaubt (z.B. Bilder/Fotos auf Werbetafeln, Körpersprache). Dies ist die nonverbale Kommunikation (Mimik, Gestik, Blick, Haltung) und paraverbale Kommunikation (Stimme, Tonfall, Sprachstil, Atmung). Hier fehlt die Regelung, wie diese Zeichen entschlüsselt werden sollen. Die Interpretation kann bei verschiedenen Kommunikationspartnern je nach persönlicher Prägung, Erfahrung, Kultur unterschiedlich erfolgen.
Praktisches Beispiel:
Ein Polizeiaspirant lächelt mich nach der Präsentation "Erwartungen an die Polizeischüler" an. Sein Lächeln löst bei mir verschiedene Vermutungen aus. Will er damit ausdrücken, dass er mit meinen Erwartungen einverstanden ist und diese akzeptiert? Will er sich mit mir beziehungsmässig gut stellen? Oder will er damit gar Verachtung ausdrücken? Erst mit den wiederholten, direkten verbalen Rückmeldung des Aspiranten und der Beobachtung weiteren Verhaltens, kann ich sein Lächeln zutreffender verstehen.
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5. Regel: Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplementär
Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch (d.h. gleichwertig) oder komplementär (d.h. ergänzend), je nachdem, ob die Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern auf Gleichheit oder auf Unterschiedlichkeit beruht.
Bei einer symmetrischen Beziehung unterhalten sich die Gesprächspartner auf gleicher Augenhöhe und reden gleichviel miteinander. Bei der komplementären Kommunikation hingegen stehen die Verhaltensweisen der Partner in einer Rangordnung zu einem Ergänzungsverhältnis. Mögliche Konstellationen dazu sind: Lehrer - Schüler, Chef - Angestellter oder Vater - Sohn.
Praktisches Beispiel:
Für mich als Ausbildungschef und Lehrperson ist es wichtig zu erkennen, dass ich zu Beginn der Polizeischule, aufgrund der Hierarchie und meines Wissensstands mit den Studierenden in einer komplementären Beziehung stehe. Bis zum Schluss der Ausbildung muss es mir gelingen, in die symmetrische Beziehung zu wechseln, da wir in der Folge innerhalb des Korps als KollegInnen arbeiten werden. Es gehört somit zu meinen Aufgaben, dass ich die Lernenden in ihrer Autonomie und Selbstständigkeit wachsen lassen kann, ohne dass es zu einem Machtkampf mit den zukünftigen Polizeikolleginnen und -kollegen kommt.
Nutzen
Die Reflexion meines Kommunikationsverhaltens anhand der 5 Axiome der Kommunikationstheorie von Paul Watzlawick hat mir gezeigt, dass ich in meiner unbewussten Kompetenz bereits einige Elemente der Kommunikation kenne und als Kursleiter auch berücksichtige. Selbstverständlich werde ich auch weiterhin an meinen kommunikativen Fähigkeiten arbeiten, damit meine Botschaften weiterhin gut ankommen. Abschliessend noch ein passendes Zitat des österreichischen Verhaltensforschers Konrad Lorenz (1903-1989):
"Gedacht heisst nicht immer gesagt, gesagt heisst nicht immer richtig gehört, gehört heisst nicht immer richtig verstanden, verstanden heisst nicht immer einverstanden, einverstanden heisst nicht immer angewendet, angewendet heisst noch lange nicht beibehalten."
Literaturempfehlung:
Röhner/Schütz, 2016: Psychologie der Kommunikation von Röhner Jessica / Schütz Astrid, 2. Auflage, Springer Fachmedien Wiesbaden 2016.
Stichworte
Wahrnehmung | Psychologie | Paul WatzlawickDaniel Tscholl
Polizeioffizier, Ausbildungschef und Stv Leiterin HR; Fachlehrer für Verkehr, NLP Master und NLP Trainer IANLP; Blasmusik, Skifahren und Wandern; "Wer seine Wünsche liebt, kennt keine Zweifel!" (Nikolaus B. Enkelmann)
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